Donnerstag, 8. Juli 2010

Lilly in Australien (endlich)

Juchu! Nach, wie erwartert, fuerchterlicher Nacht bin ich nun in der letzten Station meiner Reise angekommen: Australien. Endlich wieder viele Menschen. Endlich wieder eine richtige Stadt - Brisbane, wo ich angekommen bin und mich im Moment noch aufhalte, ist, verglichen mit Auckland, schon etwas, nunja, grossstaedtischer eben.
Nach erwaehnter Horrornacht im Transit Tonga - Brisbane (Unannehmlichkeiten schlossen ein: dreistuendige Verspaetung des ersten Flugzeuges, einstuendiges Anstehen am Check-in Schalter in Auckland, Magenkraempfe, fast kein Schlaf etc) hat mich ein Glueck mein lieber Vater vom Flughafen abgeholt - die erste Bequemlichkeit fuer etwa 15 Stunden.
Mein erstes leibhaftiges Familienmitglied in ueber neun Monaten! Das war schon ein sehr erfreuliches Wiedersehen. Ich glaube, er moechte bestimmt auch allen, die meinen Blog hier gerade lesen, liebe Gruesse ausrichten. Er ist gut in Sydney angekommen, hat einen wunderbaren Marathon gelaufen (er persoenlich sieht das aufgrund seiner Zeit eventuell etwas anders, aber wir sind ja trotzdem alle sehr stolz), mit mir zwei bezauberne Tage verbracht und ist nun schon wieder weitergeflogen ins wesentlich waermere Darwin. In etwa zwei Wochen treffen wir uns wieder und fahren dann gemeinsam mit dem Auto durch das Outback.

Waehrend unserer gemeinsamer Zeit waren wir unter anderem in einer Art Zoo, wo ich das erste Mal in meinem Leben kleine Kaengurus gestreichelt habe, die guten Tierchen sind extrem geduldig und wahrscheinlich auf Drogen gesetzt.
Wie lange ich jetzt noch in Brisbane bleibe, weiss ich noch nicht genau, einen oder zwei Tage wahrscheinlich. Danach geht es dann nach Sydney und frueher oder spaeter nach Hause. In mir machen sich Angst und Freude harte Konkurrenz.
Bis bald, meine Lieben! Eure Lilly

Samstag, 3. Juli 2010

Neuseeland, Tonga und mehr

Hallo meine Lieben!
Auch diesmal verging wieder lange Zeit seit dem letzten Blog-Eintrag; macht es eigentlich noch Sinn, sich zu entschuldigen, oder wird das sowieso Routine?
Egal: Willkommen in Tonga, Lilly. Hiermit gebe ich den Titel meines Blogs der Laecherlichkeit preis bzw. denke ueber Alternativen nach.
Meine letzten Tage in Neuseeland habe ich in angenehmen Stress verbracht. 975 km quer durchs Land, zudem vier Stunden Faehre, und das in vier Tagen! Noch einmal habe ich sass ich mit vielen unterschiedlichen Menschen in ihren Autos und habe meine Menschenkenntnis erweitert (hoffentlich - das kann ja nie schaden, gell?).
In Auckland habe ich mich zum letzten Mal bei meiner Freundin Marine einquartiert, deren Zuhause, das Hippiehaus, mir noch ein paar positive Schwingungen mit nach Tonga gegeben hat.
Eine scheussliche Nacht am Flughafen Aucklands, ein dreistuendiger Flug, und jetzt bin ich hier! The Kingdom of Tonga, ein Inselstaat im Suedpazifik. 100.000 Einwohner auf mehr als 150 Inseln, von denen Tongatapu die groesste und meisten besiedelte ist. Zweimal ist auch der Koenig schon mit seiner Autokolonne an mir vorbeigefahren, zweimal konnte ich jedoch leider keinen Blick auf ihn erhaschen (aber um ehrlich zu sein: Interessiert es mich denn, dieses Oberhaupt eines Staates, der das ganze Land durch seine blosse Existenz im politischen Gestern verharren laesst? Mein Tip ist: In weniger als zwei Jahren wird sich Tonga in eine Republik verwandeln.)
Die allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung ist 65km/h, wobei auf den meisten Strassen sogar nur lediglich 40km/h erlaubt sind. Gemessen am Zustand der Strassenbelaege (nicht vorhanden) und der Verkehrsmittel (eine TUEV-Plakette wuerde den wenigsten verliehen werden) aber wahrscheinlich durchaus angebracht. Nicht nur die Autos fahren hier langsamer, auch das Leben generell spielt sich mit sehr geringer Geschwindigleit ab und kommt jeden Sonntag sogar komplett zum Stillstand und die Tongaer schwaermen in die allgegenwaertigen Kirchen (im Einheitslook, vor allem die Methodisten verschwenden kein Geld an Architekten)... Heute ist Sonntag und ich ergebe mich in das Schicksal eines ereignisslosen Tages.
Mein Snack neben dem Laptop sind kleine Stueckchen einer Kokosnuss, die wir gestern im Garten aufgesammelt und mit einer Machete geknackt haben, lecker!
Tongatapu ist voll von Kokosnusspalmen und umrandet von wunderschoenen Straenden, andere Naturwunder umfassen geheimnisvolle Hoehlen, Blowholes (viel bessere als in Neuseeland) und ausserdem ist das ganze Koenigreich McDonalds-freie Zone: Essen kauft man sich entweder auf dem Markt in Nuku'Alofa (die tongaische Hauptstadt, unromantisch und zweckgebunden) oder in kleinen, kaefiggleichen Laeden am Strassenrand. Ersteres, da saemtliches Obst respektive Gemuese lokal angebaut und gehandelt wird, sehr billig; letzteres, da alles andere (Lebensmittel ebenso wie Luxusgueter) eingeflogen bzw. -geschippt werden muss, sehr teuer.
Tonga und die relative Armut der einheimischen Bevoelkerung ist ein Kulturschock, der aber ob der absoluten Freundlichkeit aller schnell ueberwunden werden kann. Ein weiteres Plus: So gut wie jeder hier spricht nicht nur Tongaisch, sondern auch Englisch, und wird einem so gut es eben geht in jeder Situation weiterhelfen. Ich fuehle mich hier sehr sicher und sehr wohl und wohne in einem gemuetlichen Guesthouse, das ich mir mit vielen anderen netten Reisenden teile. Im Durchschnitt ist der Tonga-Tourist wesentlich interessanter als ein Neuseeland-Reisender, auch deshalb, weil er sehr rar ist und meist eine sehr bewusste Entscheidung fuer Tonga und gegen einen der anderen, touristisch vielleicht besser erschlossenen Pazifikstaaten (Fiji zum Beipsiel) getroffen hat.
Nicht jeder haelt wohl die mangelhafte Infrastuktur hier fuer etwas erleben- und erstrebenswertes, auch wenn sich mein Urlaub im staendigen kleinen Kampf gegen lokale Gepflogenheiten und unumgaengliche Tatsachen nur umso interessanter gestaltet. Beispiele?
-am Strand tragen die weiblichen Tongas niemals nur Bikini und palanga (Fremde) ziehen die Aufmerksamkeit aller auf sich
-Tausendfuessler in der Dusche und ueberall duerfen einen nicht verunsichern, bellende Hunde und kraehende Haehne begleiten einen durch die Nacht
-Faehrtickets koennen nicht im voraus gebucht werden, da manchmal kurzfristig Fahrten verschoben oder abgesagt werden, gleiches gilt fuer andere Verkehrsmittel und eigentlich so ziemlich alles
-und so weiter und so fort. Trinkwasser kommt ausschliesslich aus Regentonnen, oeffentliche Toiletten hier existieren nicht, ...
und trotzdem oder vielleicht sogar wegen all der kleinen Unbequemlichkeiten gefaellt es mir hier total gut und ich bin tausendmal lieber hier am Strand als in der Tuerkei in einem Luxus-Hotelkomplex. Man wird nicht faul und kann so viel erleben und entdecken: Tonga ist wirklich eine Rundum-Erfahrung.
Ich habe an einer Kava-Nacht teilgenommen (Kava wird hier anstelle von Alkohol konsumiert und hergestellt, indem eine bestimme Wurzel gemahlen und dieses Pulver dann mit Wasser versetzt wird: Schmeckt nach Spuelwasser und macht sehr faul und gemuetlich. Obwohl man davon keinen Kater bekommt, bleibe ich doch lieber beim Bier), an kuturellen Taenzen mit angeschlossenem Festessen (leider essen die Tongaer ausser Fleisch nicht besonders viel und fuer mich als Vegetarierin blieb nur Kartoffelsalat und Nachtisch), habe einen Zweitagesausflug auf die nahegelegene Insel 'Eua unternommen, die Tongatapu in Sachen langsames Leben und atemberaubender Natur auf jeden Fall den Rang ablaeuft... Und Wale habe ich auch schon gesehen, wenn auch nur vom Strand.

Morgen abend muss ich leider schon wieder in das Flugzeug huepfen, das mich von hier fortbringen wird. Tschues, Tonga! Es war eine geniale Erfahrung, hier zu sein. Ich bin trotzdem auch sehr gespannt, was mich in Australien erwarten wird, wenn ich am 6. Juli in Brisbane ankomme und dort, Ueberraschung!, von meinem Vater am Flughafen abgeholt werde. Nur noch ein Monat auf Reisen! Nicht nur Zeit, sondern auch Geld schmilzt langsam dahin. Ich freue mich auch schon wirklich wieder auf Zuhause, Essen und Menschen und auf das Studentenleben, das auf mich wartet. An den Universitaeten habe ich mich mittlerweile beworben und mir bleibt nun, auf Zusagen zu warten. Politik! Ein Abenteuer der ganz anderen Art, definitiv.
Soviel fuer den Moment von meiner Trauminsel, ich schreibe bestimmt mal wieder! Fotos uploaden nicht moeglich, ihr koennt ich ja schon vorstellen, warum. Das Internet hier ist sogar noch langsamer als in Neuseeland, ha!
Eure Lilly